Versicherer zahlen oft zu wenig SCHADENERSATZ an Unfallopfer
An der Schuld gab es keine Zweifel: Der Fahrer vom Pizza-Service verpennte das Stoppschild und rammte Gisela Schwarz*. Knochen heil, aber ihre Kawasaki war Schrott. Weil der Crash-Schock ihr die Lust auf eine neue Enduro erst mal vermiest hatte, wollte die umgerempelte Bikerin das fällige Geld von der Versicherung vorerst auf ihrem Konto parken. Im Fachchinesisch heißt so etwas „fiktive Abrechnung“. Den Totalschaden an der Maschine bezifferte der Sachverständige auf 2.500,00 Euro.
Doch die HUK-Coburg, Haftpflichtversicherer des eiligen
Bäckers, überwies nur 2.100,00 Euro. Begründung: Nach einer
Gesetzesänderung vom August vergangenen Jahres könnten „nur
Nettobeträge erstattet werden“. Deshalb habe man die Entschädigung
gleich ohne Mwst. überwiesen, 400,00 Euro weniger entsprechen
genau 16 %.
Für Rechtsanwalt Jochen Pamer aus Wassertrüdingen eine
glatte Abzocke. Die Versicherung dürfe nicht voll 16 % vom Totalschaden
einbehalten. Korrekt wäre, lediglich die Mehrwertsteuer für die
Gewinnspanne zwischen Ein- und Verkaufspreis eines Händlers für einen
entsprechenden Ersatz einzubehalten. Das wären nach einer pauschalen
versicherungsinternen Kalkulation ungefähr zwei Prozent vom Kaufpreis
für einen gleichwertigen Gebrauchten. Gisela Schwarz hätte demnach nur
50,00 Euro statt 400,00 Euro Abzug hinnehmen müssen.
Juraprofessor Christian Huber kommentiert die Rechenkünste einiger Assekuranzen nach Totalschäden mit deutlichen Worten: „Haftpflichtversicherer ziehen Geschädigte übern Tisch.“ Huber weiß, wovon er spricht. Der Professor ist Lehrstuhlinhaber für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und Arbeitsrecht an der TH Aachen und ein führender Spezialist für Schadensregulierung. „Die Versicherer“, so Huber weiter, „handeln wider besseres Wissen“.
Branchenriese HUK-Coburg bestreitet heftig jede Schummelei:“ Es trifft nicht zu, dass wir bei Abrechnung eines Fahrzeug-Totalschadens generell 16 % Mehrwertsteuer in Abzug bringen.“ Fachleute nennen das Regelbesteuerung. Es gebe allerdings, schieben die HUK-Strategen vorsorglich nach, eine Reihe von Ausnahmen.